Ende der Aquaponik

Hervorgehoben

Schon lange haderte ich mit der Aquaponik und hatte mein Engagement so weit zurück gefahren, dass nur noch ein IBC mit geringem Fischbesatz im Betrieb war.

Ganz trennen mochte ich mich aber von diesem faszinierenden Hobby nicht. Dann kamen drei dicht aufeinander folgende Winterstürme, die mein Gewächshaus so stark beschädigten, dass ich mich zwischen einer teuren Reparatur oder einer Aufgabe des bestehenden Setups entscheiden musste.

Im neuen Gewächshaus, das es dann sein sollte, wäre hinreichend Platz für die Aquaponik gewesen. Aber ich nahm den Abriss des alten Gewächshauses zum Anlass, die letzten Schleie in einen Teich umzusiedeln, in dem schon Schleie leben. Natürlich habe ich vorher den Eigentümer gefragt und darauf geachtet, dass meine Fische fit und gesund waren.

Ein vielleicht letzter Schubs war auch ein Fernsehbeitrag von Planet Wissen „Tierwohl – keine Lobby für die Fische?„.

Die zehn Jahre, die ich mich mal mehr und mal weniger intensiv mit Aquaponik und Aquakultur beschäftigt habe, waren eine interessante und lehrreiche Zeit. Seit 2012 hat sich mein Konsum tierischer Produkte allerdings stark verringert und ich habe mittlerweile gelernt, dass sich gesunde Lebensmittel mit deutlich weniger Einsatz von Technik, Energie und Zeit erzeugen lassen. Deshalb endet die Aquaponik für mich mit einem weinenden und einem lachenden Auge.

Warum ich etwas mit Aquaponik hadere

Vor ein paar Tagen erreichte mich über die Kommentarfunktion folgende Nachricht:

Moin Arne,
schon mal Afrikanische Welse probiert? Die fühlen sich in hoher Dichte Wohl und liefern dadurch auch mehr Nährstoffe für deine Pflanzen. Unsere Anlagen Arbeiten mit ca 250Kg/m³ ! In deinen IBC passen somit sicherlich 80 Fische (Bei kleinen Becken sollte es etwas weniger sein). Sie mögen es schön Warm bei 27°, also im Sommer kein Problem. Für den Rest der Zeit mit Solar oder/und Strom Heizen? Da sie auch innerhalb von 150 Tagen (10->1500g) Schlachtreif sind ist auch eine Batch produktion nur über den Sommer möglich. Hab hier selbst ein Aquaponik Gewächshaus mit den Tieren aufgezogen.
Was die Verbindung von IBCs angeht, das ist kein Problem mit PVC Teilen, auch der Kleber ist standard für Kreislaufanlagen und ist sehr stabil. Die weichen IBCs gleichen dann auch Spannungen gut aus. Zur Not kann man auch Flexible Schläuche nehmen.

Erst einmal möchte ich mich für diese Anregungen bedanken, da sie sehr wertvoll sind, wenn man eine Aquaponik wirtschaftlich betreiben möchte.

Aber da fängt mein Problem an. Wirtschaftlichkeit bedeutet nicht immer Nachhaltigkeit und auch nicht Artgerechtigkeit oder Umweltfreundlichkeit.

Tierwohl

Wer eine professionelle Aquakultur betreibt, steht unter enormen Druck, diese wirtschaftlich zu optimieren. In Ökoaquakultur z.B. sind Besatzdichten von nicht mehr als 20-25 kg/m³ Fisch vorgesehen (Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung). Das sind 20 bis 40 Forellen in gerade mal 1000l Wasser. Bei einer Besatzdichte von 250kg/m³ hätte man entsprechend 200 bis 400 Tiere in einem Kubikmeter. Ich lebe mit zwei Vegetarierinnen zusammen und esse nur noch wenig Fleisch und Fisch, weil ich Massentierhaltung für den falschen Weg halte. Ein paar hundert Fische in ein paar hundert Litern Wasser ist für mich eine nicht artgerechte Massentierhaltung.

Im Hobbybereich kommt dazu, dass wir nicht die Sensoren und Steuerungssysteme besitzen, um so ein empfindliches Ökosystem permanent zu überwachen und gegebenenfalls unmittelbar, automatisiert eingreifen zu können. Ein IBC mit 600-800l Wasser und ein paar hundert Fischen ist kein stabiles Ökosystem sondern ein sehr fragiler, technischer Regelkreis. Kleine Fehler können schnell zu hohen Verlusten bei den Tieren führen.

Ökologie&Nachhaltigkeit

Der Afrikanische Wels mag wirtschaftliche eine interessante Art sein, da es ein schnell wachsender Überlebenskünstler zu sein scheint. Aber hier ist natürlich auch ein Problem, wenn so eine extrem adaptive Art aus Kreislaufanlagen entkommt und zur invasiven Art wird. Das mag für den Afrikanischen Wels in Deutschland nicht so ein großes Problem sein, aber in anderen Ländern scheint seine Haltung wegen der Probleme für die natürlichen Ökosysteme illegal zu sein bzw. die Art gilt als invasiv , wie eine schnelle Netzrecherche ergab.

Der Afrikanische (Raub-)Wels ist ein Raubfisch. Das bedeutet, dass die Fische für sein Futter auch irgendwo herkommen müssen. Das Aufspüren ökologisch vertretbarer Fischfutter hat mich schon einige Zeit gekostet (ohne dass ich zu erfolgreich war).

10.5.2021: Ein interessanter Artikel aus dem Spiegel dazu: https://www.spiegel.de/ausland/gambia-chinas-trawler-fischen-afrikas-kuesten-leer-fuer-unseren-lachs-aus-norwegen-a-8e9559d1-13ca-453a-a6e8-51eea97e49ab

Wenn man nicht irgendwo Prozesswärme (z.B. aus einer Agrargasanlage) über hat, ist es nicht nachhaltig Becken ganzjährig auf 25°C zu halten.

PVC sehe ich wegen hormonell wirksamer Substanzen wie Phthalaten als Baustoff für Anlagen kritisch (s.a. Seiten des Bundesumweltamtes zu Phthalaten). Gewerbliche Anlagenbetreiben haben hier vielleicht andere Möglichkeiten in der Analytik als Hobbyisten wie ich, um Probleme und Belastungen zu vermeiden – hoffe ich…

Damit bin ich wieder am Anfang dieses Artikels. Die Hinweise aus dem Kommentar sind unter rein wirtschaftlicher Betrachtung gut und wertvoll. Wenn man aber einen weiteren Blickwinkel nutzt und auch Nachhaltigkeit, Umweltschutz und Tierwohl einbezieht, sieht die Betrachtung anders aus.